Recht

Teilzeitarbeit – mehr Zeit?

Bei der Teilzeitarbeit wird die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsmenge in einer Arbeitszeit erbracht, welche kürzer als die betriebsübliche Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten ist. Ist die Wochenarbeitszeit vergleichbarer Vollbeschäftigter zB 40 Stunden, ist jede arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitszeit unter 40 Zeitstunden Teilzeit.

Rechtsgrundlagen für die Teilzeit sind das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG), der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD – Sozial- und Erziehungsdienst) oder der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L – Schulbereich). Dem Grunde nach erfolgt die Umsetzung einer Vereinbarung zur Teilzeitarbeitszeit im Arbeits- oder Änderungsvertrag.

Der Rechtsanspruch auf Teilzeit nach dem TzBfG entsteht, wenn folgende Bedingungen gegeben sind:

  • der Arbeitgeber mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt,
  • der Beschäftigte seit mehr als 6 Monaten in diesem Betrieb arbeitet
  • durch die Teilzeit die Unternehmensorganisation, -sicherheit oder die Arbeitsabläufe nicht wesentlich beeinträchtigt werden
  • der Antrag mindestens 3 Monate vor dem gewünschten Beginn der Teilzeit gestellt ist.

Mit dem Antrag sollte auf jeden Fall die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit auf die Arbeitstage erklärt werden. Der Arbeitgeber muss sodann diesen Antrag mit dem Ziel einer arbeitsvertraglichen Verständigung mit dem Beschäftigten erörtern. Kommt die Verständigung zustande, erfolgt die arbeitsvertragliche Vereinbarung.

Reagiert der Arbeitgeber auf einen solchen Antrag schriftlich bis zu einen Monat vor Beginn der gewünschten Teilzeit nicht, ist der Beschäftigte auch ohne Änderungsvertrag in der gewünschten Teilzeit.

Beispiel eines Antrages vom 30.09.2016 bei einer 5-Tage-Arbeitswoche:

Hiermit beantrage ich Teilzeitbeschäftigung ab dem 01.01.2017 im Umfang mit 30 von 40 Stunden wöchentlich. Die Arbeitsleistung soll an den Tagen Montag bis Donnerstag erbracht werden.

Hat der Arbeitgeber diesen Antrag nicht bis zum 30.11.2016 schriftlich abgelehnt, so ist der Beschäftigte ab dem 01.01.2017 in der gewünschten Teilzeit.

Aber: der Arbeitgeber kann eine gewünschte und vereinbarte Verteilung der Arbeitszeit bei betrieblicher Notwendigkeit wieder einseitig ändern.

Frist zur Ankündigung: spätestens einen Monat vor der Änderung der Verteilung der Arbeitszeit.

Nach § 11 TV-L bzw. TVöD gibt es eine Privilegierung für Teilzeitanträge bei Beschäftigten mit Kindern unter 18 Jahren oder mir pflegebedürftigen Familienangehörigen oder aus sonstigen wichtigen Gründen. Man muss somit den Grund für den Antrag möglichst gut beschreiben, damit der Arbeitgeber eine Entscheidung oder eine Auswahlentscheidung treffen kann.

Teilzeitansprüche können auch aus anderen Rechtsvorschriften wie zB dem Pflegezeitgesetz, dem Gesetz zur Familienpflegezeit, dem Bundeselterngelt- und Erziehungszeitgesetz entspringen.

Dieses System darf nicht verwechselt werden mit der Verteilung der Arbeitsleistung nach einem Schicht- oder Dienstplan sowie bei Arbeitsverträgen mit einer Flexarbeitszeit. Hier muss gesehen werden, welche Regelungen zur Verteilung der Arbeitszeit gibt es im Arbeitsvertrag oder in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung.

Teilzeitarbeit hat regelmäßig Einfluss zB auf:

  • die Höhe des Entgeltes
  • die Jahressonderzahlung („Weihnachtsgeld“)
  • die Frage von Mehrstunden oder Überstunden (bis zum Erreichen des Vollzeitvolumen spricht man von Mehrarbeit)
  • der Höhe von Steuern und Sozialabgaben
  • der Höhe von Sozialleistungen wie zB Renten, Leistungen aus den Zusatzversorgungskassen (VBL, ZVK) Arbeitslosengeld und Krankengeldleistungen der Krankenversicherungen
  • bei Arbeitsleistung nicht an allen Arbeitstagen der Menge der Urlaubstage
  • dem Elterngeld.

Nicht immer wird man durch die Teilzeit tatsächlich mehr Zeit für andere Belange oder die Familie zur Verfügung haben können, weil es sogenannte „unteilbare“ Aufgaben gibt, die auch ein Teilzeitbeschäftigter erfüllen muss, zum Beispiel die Teilnahme an Dienstberatungen. Auch die Verteilung der Lage der Lehraufträge kann dem entgegenstehen. Wegen der erheblichen Auswirkungen auf die Sozialleistungen wie zum Beispiel die Altersrente, sollte ein solcher Schritt gut abgewogen werden.

Nach § 11 TVöD oder TV-L oder nach § 9 muss der Arbeitgeber einem Beschäftigten in Teilzeit, welcher den Wunsch nach Verlängerung – also Erhöhung – der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit angezeigt hat, bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung auf einen Vollzeitarbeitsplatz wechseln lassen, bevor er einen weiteren Mitarbeiter auf diesen Vollzeitarbeitsplatz einstellt.

In der Praxis hat leider der Beschäftigte kaum die Möglichkeit, diesen Anspruch im Wege einer Konkurrentenschutzklage durchzusetzen, da er die benötigten Beweise dafür nicht erbringen kann.

Nach § 80 Abs. 1 Ziff. 11 SächsPersVG hat die Personalvertretung mitzubestimmen bei der Ablehnung eines Antrages auf Teilzeitbeschäftigung.

Daneben ist der Personalrat nach § 73 SächsPersVG oder nach § 99 Betriebsverfassungsgesetz immer zu beteiligen, wenn personelle Maßnahmen Nachteile für die Beschäftigten oder für andere Beschäftigte erzeugen können. Der Gang zum Personalrat oder Betriebsrat ist immer lohnenswert und richtig.

Unsere Mitglieder beraten wir gern bei einer so wichtigen und weitreichenden Entscheidung.

Claudia Raum
Rechtsanwältin im SLV

Kontakt: c.raum@slv-gewerkschaft.de, Tel. 0351 8392217

Kommunale Trägerschaft: Ausstieg aus dem Arbeitgeberverband und seine Folgen

Wie soll man sich verhalten, wenn der Arbeitgeber den kommunalen Arbeitgeberverband verlassen will bzw. erwägt auszutreten. In jedem Fall empfehlen wir den Mitgliedern, uns sofort zu informieren. Wir beraten Sie bei allen anstehenden Fragen. Lesen Sie dazu einen Bericht aus der Stadt Naunhof, die seinerzeit aus dem kommunalen Arbeitgeberverband austrat. Erst die gewerkschaftliche Organisation der Beschäftigten und die konsequente, hartnäckige Verhandlungsführung durch den dbb führten zum Tarifvertrag in Naunhof, der einen verbindlichen Stufenplan hin zum Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD, VKA) beinhaltet.

weitere Informationen zum Download

Rechtsvorschriften (http://www.kita-bildungsserver.de/recht) (Externer Link)

Tarifeinigung 2022 für den Sozial- und Erziehungsdienst (tacheles SPEZIAL des dbb)

Entgelttabellen für den Sozial- und Erziehungsdienst (gültig vom 1. Dezember 2022 bis mindestens 30. September 2023)

„Chance Entgeltumwandlung – Volle Leistung zum halben Preis“ (Anika Richter)
(Diese PDF-Datei finden Sie im internen Bereich des SEV zum Download.)