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Wie Inklusion in sächsischen KiTas gelingen kann

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Inklusion als beständige Herausforderung

Im Jahr 2008 trat die UN-Behindertenrechtskonvention, ein völkerrechtlich bindender Vertrag, in Kraft – am 26. März 2009 sodann auch in der Bundesrepublik Deutschland. Sie konkretisiert Menschenrechte für die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen und soll Prozesse der Inklusion und Integration anstoßen. Mit Blick auf die sächsischen KiTas ist damit gemeint, dass Teilhabemöglichkeiten von Kindern mit kognitiven, emotionalen oder körperlichen Einschränkungen am Alltag hergestellt und verbessert werden sollen. Der Sächsische Erzieherverband hat sich im Rahmen der AG Integration/ Inklusion im Sächsischen Lehrerverband in den vergangenen Monaten intensiv damit auseinandergesetzt, wie dies ganz konkret am Alltag in den sächsischen Kindertageseinrichtungen (besser) gelingen kann.

Frühkindliche Bildung und Schuleingangsphase

Zahlreiche Entwicklungsverzögerungen und Beeinträchtigungen werden erst im Verlauf der ersten Lebensjahre erkannt und diagnostiziert. Pädagogische Fachkräfte müssen die Entwicklung jedes Kindes genau beobachten und dokumentieren, um den Entwicklungsstand zu erkennen und Auffälligkeiten festzustellen. In Gesprächen mit den Eltern müssen die Auffälligkeiten benannt und Wege zur optionalen Anerkennung als integratives Kind beraten werden, damit erforderliche Unterstützungs- und Fördermöglichkeiten geplant und finanziert werden können. In der Kooperation mit dem anschließenden Bildungsort müssen Formen der angemessenen Begleitung der Kinder und deren Eltern beim Übergang gefunden, gemeinsame inklusive Übergangskonzepte entwickelt und Anschlussfähigkeit gesichert werden.

Inklusion richtig angehen: Notwendige Rahmenbedingungen (1)

Die Individualität erkennen und ihr Raum geben, auch das gehört zur Inklusion. © unsplash

Integration und Inklusion sind fortschreitende Prozesse, nicht überall in Sachsen finden sie auf die gleiche Weise statt: aufgrund von konkreten Herausforderungen in den KiTas, Haltungen der jeweiligen pädagogischen Fachkräfte vor Ort und einer gewissen Eigenständigkeit der vielfältigen Träger hinsichtlich der konzeptionellen Ausrichtung verlaufen sie durchaus unterschiedlich. Auch wenn es sicherlich Einrichtungen gibt, die diesen Herausforderungen schon sehr gut gerecht werden, gibt es in vielen Kindertageseinrichtungen im Freistaat noch Nachholbedarf, was die Rahmenbedingungen angeht.

Ein fiktives Beispiel, wie es in der Praxis durchaus vorkommt: In einer Einrichtung mit durchschnittlicher Größe gibt es nun fünf besondere Kinder mit unterschiedlichen Förderschwerpunkten und jeweils speziellen Bedürfnissen. Für sie kommt zweimal in der Woche eine (externe) Physiotherapeutin in die KiTa, an einem Tag noch der Ergotherapeut, die Logopädin hat auch noch zwei Kinder in Behandlung und ab und an kommt der Rehatechniker, um Geräte an das Größenwachstum anzupassen. Einem Kind müssen vormittags Orthesenschuhe angezogen werden, einem anderen wird täglich für eine Stunde ein Augenpflaster geklebt, der nächste darf nur Spezialnahrung bekommen. Oder – auch das ist keine Seltenheit – vier dieser fünf Kinder haben vielleicht einen sozial-emotionalen Förderschwerpunkt, die jedes für sich viel Einfühlungsvermögen für ihre individuellen Bedürfnisse benötigen. Und da ist noch gar nicht an die Eltern mit ihren Erwartungshaltungen gedacht. All das bedeutet richtig Stress für die Erzieher und die Leitungen vor Ort, die all diese Bedürfnisse mit dem regulären KiTa-Angebot unter einen Hut bekommen müssen.

Ohne passende räumlich-sächliche Ausstattung geht es nicht

Wenn an allen sächsischen KiTas integrativ/inklusiv gearbeitet werden soll, braucht es dafür angemessene Raumstrukturen sowie die passende Ausstattung. Dazu gehört eben nicht nur die Einrichtung einer Behindertentoilette, sondern vieles andere, wie z. B. Räume für Auszeiten, zur Krisenvorbeugung oder zum Rückzug, dazu angemessen ausgestattete Therapieräume (Physio-, Ergo-, Logopädie, Seh-/ Hörfrühförderung etc.), aber auch Räume für Teamabsprachen der entsprechend großen multiprofessionellen Teams. Und solche Räumlichkeiten verlieren natürlich immer genau dann ihren Sinn in der inklusiven Arbeit, wenn sie zweckent fremdet werden, weil plötzlich ein zusätzlicher Gruppenraum gebraucht wird o.Ä.

Was dann meist noch übersehen wird: Es braucht auch Unterstellmöglichkeiten für Rehabilitationsgeräte – die sehr teuren, von Krankenkassen geliehenen persönlichen Therapiestühle will niemand täglich in den Keller schleppen müssen oder im allgemeinen, nicht abschließbaren Kinderwagenraum zwischen staubige Buggys stellen. In wie vielen Kindertageseinrichtungen gibt es denn schon elektronische Türöffner, geschweige denn Fahrstühle?

Das sind aber „nur“ die räumlichen Rahmenbedingungen, daneben gibt es natürlich noch personelle und organisatorische.

In unserem Teil (2) berichten wir über die weiteren, für Inklusion notwendigen Rahmenbedingungen.