Aktuelles

Inklusion in sächsischen KiTas: personelle und organisatorische Rahmenbedingungen

© pixabay

Inklusion richtig angehen:
Notwendige Rahmenbedingungen (2)

Im Teil (1) beschreibt der SEV die räumlich-sächlichen Rahmenbedingungen für gelingende Inklusion. Sie finden ihn hier.

Inklusive Pädagogik benötigt zusätzliches Personal

Die Aufnahme bzw. die Anerkennung von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf sollte für die betroffenen Einrichtungen nicht mit unermesslich hohem Verwaltungsaufwand einhergehen. Generell dauern die Verfahrenswege, um Genehmigungen und Unterstützungsleistungen zu erhalten, zu lange.

Sind sie dann erst einmal aufgenommen, benötigen Kinder mit speziellen Bedürfnissen Pädagogen, die besonderes, anwendungsbereites Wissen und Zeiten der ungeteilten Aufmerksamkeit für einzelne Kinder oder kleine Kindergruppen haben. Der SEV weist daher ausdrücklich darauf hin, dass es für die Umsetzung einer integrativen/inklusiven Pädagogik in den KiTas einen erhöhten Personalbedarf gibt, sowohl für pädagogische Fachkräfte mit Fachschul- als auch Hochschulausbildung. Angesichts der jetzt schon angespannten Personalsituation an den sächsischen KiTas, zeigt sich hier die wohl größte Baustelle. Ohne ausreichend Expertise im Personalpool der sächsischen Erzieher/-innen und weiterer benötigter Professionen und ohne eine entsprechende Personalplanung, ist die Umsetzung der anstehenden Inklusionsprozesse nicht möglich, ohne dass dabei die Qualität der Bildung – und zwar in sämtlichen Bereichen Krippe, Kindergarten, Hort – abnehmen wird.

Speziell im Hort muss auf die Anschlussfähigkeit an die Schulen geachtet werden, was sowohl im Personalschlüssel als auch im Hinblick auf die Ferien in der Flexibilität des Personaleinsatzes Berücksichtigung finden muss.

Damit Vielfalt auch von allen als Bereicherung erlebt werden kann, braucht es fachlich gut ausgebildete Pädagogen, die auf die besonderen Bedürfnisse von Kindern mit verschiedenen Förderbedarfen eingehen können. Dafür braucht es gut organisierte Aus-, Fort- und Weiterbildung. Die Studiengänge Heilpädagogik, Sonderpädagogik etc. und die Teilnahme aller pädagogischen Fachkräfte an der heilpädagogischen Zusatzqualifi zierung müssen stärker beworben werden, der Themenkomplex Inklusion muss in stärkerem Umfang in den verschiedenen Ausbildungsarten gelehrt werden. Insgesamt müssen die Arbeitsbedingungen so attraktiv gestaltet werden, dass der mittel- und langfristige Personalbedarf gedeckt werden kann.

Integrationsplätze brauchen deutlich höhere Vor- und Nachbereitungszeit

Wenn schon im regulären KiTa-Alltag Vor- und Nachbereitungszeit dringend benötigt wird, dann gilt das erst Recht für KiTas mit Integrationsplätzen.

Das große Stichwort lautet hier sicherlich Absprachen. Je mehr einzelne Anliegen es für ein Kind gibt, desto mehr Personen sind beteiligt, deren Arbeit koordiniert werden muss. Aus unserem fiktiven Praxisbeispiel ließe sich ableiten, dass auch im Kindergarten schon eine Art Stundenplan entworfen werden muss, wenn multiprofessionelle Teams zusammenarbeiten sollen. Nicht zu vergessen, dass die Elternarbeit bei Kindern mit besonderem Förderbedarf sehr viel intensiver sein muss. Nicht nur müssen Elterngespräche natürlich viel ausführlicher sein, wenn das Kind auch mit zunehmendem Alter nicht selbst aus dem Kindergartenalltag berichten kann. Häufig kommt es auch vor, dass Eltern den Inklusionsbedarf bei ihrem eigenen Kind nicht gleich anerkennen. In solchen Fällen muss viel Überzeugungsarbeit für das Anstoßen von Diagnostikverfahren geleistet werden. Denn erst, wenn es einen offiziell festgestellten Förderschwerpunkt gibt, können weitere Hilfestellungen und Entlastungen beantragt werden.

Solange die Rahmenbedingen nicht stimmen, wird Inklusion nicht gelingen © unsplash

KiTas benötigen also verbindliche und gegenfinanzierte Zeiten für die sehr viel umfangreichere Entwicklungsdokumentation, umfassende Elternarbeit und -beratung, für Kompetenzentwicklung zur Gestaltung der multiprofessionellen Teamarbeit, für Teamabsprachen und Fallbesprechungen, ebenso für Aufbau und Pflege verschiedener Kooperationen, bspw. zu anderen Bildungseinrichtungen, zu Ämtern und zu anderen Einrichtungen der Förderung und Unterstützung.

Inklusion geschieht eben nicht „nebenbei“, sondern braucht Bedingungen und Haltungen, die wechselseitig zusammenhängen und auch etwas kosten.

Der SEV sieht hier eine wichtige Aufgabe für die kommenden Monate und Jahre: für angemessene Rahmenbedingungen für das Fortschreiben von Inklusion in der frühkindlichen Bildung zu werben und zu kämpfen. Der SEV-Vorstand hat dazu ein Positionspapier beschlossen, welches als Leitfaden für die künftige Arbeit dienen soll.