Angesichts der vielen Stunden Freizeit, die Erzieher/-innen und KiTa-Leiter/-innen jede Woche opfern, um die Vorgaben des Sächsischen Bildungsplans zu erfüllen, fordert der Sächsische Erzieherverband deutliche Verbesserungen der Arbeitsbedingungen in KiTas. Dazu gehören 4 Stunden verbindliche und bezahlte Vor- und Nachbereitungszeit pro Woche. Dies wurde auch durch die Erzieherinnen und Erzieher auf der Fachtagung „Qualität braucht Zeit“ in Leipzig am 10. Juni 2017 bekräftigt. Die Aussagen der Parlamentarier von Bundestag und Sächsischem Landtag auf der Fachtagung geben Anlass zu begründeter Hoffnung.
Zu den Vorgaben des Sächsischen Bildungsplans gehören u. a. qualitativ hochwertig ausgeführte inhaltliche Vor- und Nachbereitung der pädagogischen Arbeit, sorgfältige Dokumentation der Entwicklung der Kinder sowie die vertrauensvoll gestaltete Erziehungspartnerschaft mit den Eltern. Die pädagogischen Fachkräfte erledigen diese Aufgaben in der Arbeitszeit parallel zur Kinderbetreuung und nach Feierabend von zuhause aus. Die Erwartungen sind hoch und ihre Tätigkeitsfelder werden ständig erweitert, ohne dass sie an anderen Stellen Entlastungen erfahren und ihnen bezahlte Vor- und Nachbereitungszeit gewährt wird. Um diese Realität ins Bewusstsein zu rücken und die politisch Verantwortlichen zum Handeln zu motivieren, startete der Sächsische Erzieherverband die Initiative „Qualität braucht Zeit“. In deren Rahmen fand eine Befragung mit 1.150 Beschäftigten aus Krippen, Kindergärten und Horten statt. Es wurde der Zeitaufwand für zusätzliche Aufgaben neben der pädagogischen Arbeit mit den Kindern ermittelt. Die Ergebnisse dieser sachsenweiten Erhebung stellte Michaela Merker, Referentin für den Sozial- und Erziehungsdienst im Sächsischen Erzieherverband, zu Beginn der Fachtagung vor.
Demnach wird deutlich, dass 90 Prozent der pädagogischen Fachkräfte die Vor- und Nachbereitung nach Arbeitsschluss leisten. Wöchentlich investieren die pädagogischen Fachkräfte sachsenweit 4 Stunden Arbeit nach Feierabend, KiTa-Leiter/-innen sogar 5 Stunden. Die Missverhältnisse potenzieren sich für Beschäftigte in Teilzeit. Das betrifft in Sachsens immerhin über 80 Prozent aller Beschäftigten in den KiTas.
In der Diskussion mit Vertretern aus der Bundes- und Landespolitik kristallisierte sich ein deutliches Bekenntnis zur dringenden Verbesserung der Arbeitsbedingungen pädagogischer Fachkräfte im KiTa-Bereich heraus. Dazu gehört die Bereitstellung finanzieller Mittel, um Qualitätsstandards in der frühkindlichen Bildung zu stärken. Der Sächsische Erzieherverband ging in seinen Forderungen noch weiter. Außer wöchentlich vier Stunden bezahlte Vor- und Nachbereitungszeit müssen zusätzlich übertragene Aufgaben (wie z.B. Praxisanleiter, Qualitätsbeauftragte) mit Zeitbudgets und wertschätzender Honorierung versehen werden. Ständige stellvertretende Leiter/-innen müssen in allen Kindertageseinrichtungen etabliert werden.
Vertreter des Sächsischen Erzieherverbandes unterstrichen, dass frühkindliche Bildung ein gesamtgesellschaftliches Anliegen ist. Das finanzielle Engagement des Bundes muss auch Personalkosten einschließen können. Charakteristisch ist für den KiTa-Bereich, dass sich deren Anteil auf immerhin ca. 80 Prozent der gesamten finanziellen Aufwendungen beläuft. Jens Weichelt vom dbb, der Spitzengewerkschaft des Sächsischen Erzieherverbandes, forderte deshalb: „Bildung in der frühen Kindheit hat für die Bundesregierung eine ‚zentrale Bedeutung‘. Folgerichtig müssen dann auch für die Beschäftigten, die diese Aufgabe tagtäglich ausführen, die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen werden. Die stärkere Beteiligung des Bundes an der Finanzierung muss auch für Personalkosten möglich sein.“
Mit einem in Arbeit befindlichen „Bundesqualitätsgesetz“ soll es zukünftig möglich werden, Zielvereinbarungen zu länderspezifischen Qualitätsschwerpunkten abzuschließen und dafür auch eine Finanzierungsbeteiligung des Bundes zu erreichen. Das ist dringend notwendig, denn allein die Forderung des Sächsischen Erzieherverbandes nach vier Stunden bezahlter Vor- und Nachbereitungszeit wären auch für den Freistaat Sachsen ein hoher finanzieller Aufwand. Bettina Kudla, Mitglied des Deutschen Bundestages, bekräftigte: „Ich könnte mir gut vorstellen, dass Finanzmittel des Bundes künftig noch stärker auf die Rahmenbedingungen der pädagogischen Arbeit zielen. Dazu gehört zweifelsfrei die Vor- und Nachbereitungszeit für Erzieher/-innen.“
Der Sächsische Erzieherverband erwartet von der Landespolitik nun ein Bekenntnis zur Gegenfinanzierung von Vor- und Nachbereitungszeit, weil diese zur Umsetzung des Sächsischen Bildungsplanes unverzichtbar ist. Lothar Bienst, bildungspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Sächsischen Landtag, äußerte sich optimistisch: „Die Ergebnisse der Befragung des Sächsischen Erzieherverbandes zur Vor- und Nachbereitungszeit haben mich bestärkt, dass die Fachpolitiker der Sächsischen Union dringenden Handlungsbedarf haben.“
Zum Vortrag „Vor- und Nachbereitungszeit – eine wertvolle Zeit für gute Bildung“ Maria Groß
Zum Vortrag „Entspannt dem Stress begegnen“ Dr. Eva Asselmann